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„Lernen ist Erfahrung.
Alles andere ist einfach nur Information.“
Albert Einstein
Ich habe öfters drüber nachgedacht, was ich in meinem ersten Artikel nach so langer Zeit wohl schreiben möchte. Aber ich wusste, wenn ich erst drüber nachdenken muss, dann gibt es auch noch nichts zu schreiben.
Doch jetzt ist mir dieses Zitat von Albert Einstein über den Weg gelaufen und ich verspüre den Drang, meine Gedanken und Gefühle hierzu mit euch zu teilen. Sicher hat der gute Albert Einstein hierbei eher an Mathematik und Physik gedacht, also die Naturwissenschaften erlebbar und erfahrbar zu machen, um diese zu verstehen. Aber natürlich lässt sich das auch auf alles andere in unserem Leben beziehen. Unser ganzes Dasein, unsere Realität ist pure Physik. Von daher passt das 🙂
Ich nehme unheimlich gerne Informationen auf, ich liebe es meinen Horizont zu erweitern und Dinge aus einem anderen Blickwinkel zu betrachten. Insbesondere im letzten Jahr habe ich mir viele Informationen einverleibt, habe viel gelesen, Videos und Interviews angeschaut, habe mich von den verschiedensten Menschen inspirieren und berühren lassen. Hab mir überall das rausgezogen, was sich für mich richtig und wahr anfühlte und mich persönlich weiter gebracht hat.
Ich bin sehr dankbar für all die Informationen und Gespräche mit lieben Menschen in meinem Umfeld. Denn all die Informationen haben mich dazu gebracht, alles im Leben – auch mich selbst – zu hinterfragen. Sie haben mir geholfen, hinzuschauen wo man sonst nicht so gern hinschaut, nämlich bei sich selbst. Sie haben mich in die Eigenverantwortung gebracht, haben mich meine Welt mit anderen Augen sehen lassen. Und sie haben dazu geführt, dass aus ihnen, der bloßen Information, der grauen Theorie, der schön daher gesagten Worte, letztendlich die Erfahrung entstehen durfte. Von daher sind es für mich nicht einfach nur Informationen.
Irgendwann ist ein Punkt erreicht gewesen, wo mir allein die Informationen nicht mehr gereicht haben, wo ich gesättigt war an Informationen, genug gelesen und gehört hatte. Ich lese nachwievor gerne und lasse mich inspirieren und berühren, aber es hat eine andere Qualität bekommen. Ja, andere Menschen können mich mit ihrem Worten (aber nicht nur damit, auch mit ihrer Musik oder ihrem Tanz) zutiefst berühren , mich zum Weinen bringen, sie können mich zum Reflektieren und Nachdenken bringen, aber sie können nicht mein Leben verändern. Das kann nur ich.
Und dann kommt auf einmal ein Stein ins Rollen und der Moment ist da, wo du die Informationen anfängst auch selbst zu erfahren und zu fühlen. Erst dann fängst du an, es wirklich zu verstehen, was damit gemeint ist. Und dann beginnt das Lernen.
Und da ich in dem letzten Jahr viel zu Lernen hatte und es auch immer noch tue, ist es sehr ruhig geworden um meine Artikel. In mir drin ist es allerdings alles andere als ruhig. Da tobt ein Sturm aus Ängsten, Zweifeln, Wut, Schmerz, Schuld, Selbsthass, einfach allen Gefühlen des menschlichen Daseins. All diese Gefühle haben mich begleitet durch die Erfahrungen der letzten Monate und sie werden mich auch weiterhin noch eine Weile begleiten.
Wie gehe ich mit diesen Emotionen um? Ich erlaube ihnen einfach da zu sein, fühle sie, auch wenn es weh tut. Ich mache sie mir bewusst, nehme sie so an, bewerte sie nicht als gut oder schlecht, mache mir bewusst, dass sie mir was zeigen möchten. Ich bekämpfe sie nicht. Aber ich lasse sie auch nicht über mein Leben bestimmen.
Trotz meiner Ängste und Zweifel habe ich nie aufgehört die Antworten auf meine Fragen finden zu wollen. Was möchte ich wirklich, was tut mir gut? Was möchte ich nicht mehr, was tut mir nicht mehr gut? Wer bin ich? Was sind meine Bedürfnisse? Es ist nicht immer einfach für mich gewesen, die Stimme des Herzens zu hören, wenn die Angst, die Zweifel und die Schuldgefühle sich auch zu Wort melden. Es ist für mich nachwievor ein anspruchsvoller Job Streitschlichter zu sein für mein Herz und meinen Verstand. Irgendwann ist dann aber der Punkt gekommen, an dem die Stimme des Herzens lauter gewesen ist und das Bedürfnis, sein Innerstes nicht mehr zu verleugnen größer war als alle negativen Emotionen, die mein Verstand mit seinen immer wiederkehrenden Gedanken produziert hat.
Ich habe auf viele meiner Fragen eine Antwort gefunden und bin meinem Herzen gefolgt. Wer glaubt, dass nun Friede, Freude, Eierkuchen herrscht, irrt sich gewaltig. Ja der Anfang ist gemacht und es fühlt sich richtig an. Aber es ist trotzdem alles andere als leicht. Die eingeschlagene Richtung ist klar, aber meine Ängste und Zweifel begleiten mich nachwievor. Das Ziel ist noch nicht in Sicht und die ein oder andere Gabelung des Weges stellt mich vor neuen Herausforderungen und ich weiß nicht was mich erwartet.
Das Leben stellt dich vor Entscheidungen und kaum hast du dich durchgerungen eine zu treffen, serviert dir das Leben dafür gleich neue Fragen mit unzähligen Entscheidungsmöglichkeiten. Seinem Herzen zu folgen ist keine einmalige Sache und dann bist du durch damit, es ist eine grundsätzliche Entscheidung, die für mich immer wieder aufs Neue eine Herausforderung darstellt. Es ist zu meiner Lebensentscheidung und somit meiner Lebensaufgabe geworden.
Es gibt Tage da fühle ich mich trotz der Gewissheit, dass alles richtig so ist, furchtbar. Da produziert mein Kopf tausend Fragen auf die ich keine Antworten habe und gleichzeitig weiß mein Herz, ich brauch sie auch nicht, wenn ich nur etwas mehr Geduld und Vertrauen hätte und einfach alles so annehme, ohne dieses ständige Hinterfragen. Obwohl ich so sehr meine Gefühle fühle und ihnen folge bin ich auf der anderen Seite ein absoluter Kopfmensch.
Ich verspüre in mir so oft vermeintliche Widersprüche. Obwohl ich mir so viel bewusst mache, ich weiß was ich anders machen möchte, z.B. bei meinen Kindern, obwohl ich es auch umsetze, kommt es auf der anderen Seite nicht so an. Oft reicht die gute Absicht allein nicht aus. Dann erwische ich mich in einer Situation, in der ich wieder die Worte im Ohr habe, dass der andere immer ein Spiegel meines Selbst ist. Worte die jeder sicher schon mal gehört hat, manch einer versteht sie vielleicht nicht, ein anderer mag darüber nur müde schmunzeln. Aber wenn die Information zur Erfahrung wird, du es fühlst und der alte Schmerz hochkommt, dann weißt du, dass es nicht nur Worte sind.
Erst gestern bin ich mal wieder mit meinen Schattenseiten konfrontiert worden und meine Kinder haben alle passenden Knöpfe bei mir gedrückt. Und dann erwische ich mich, wie ich mich meinen Kindern gegenüber so verhalte, wie ich es immer vermeiden wollte. Während ich die Dinge auf eine Art und Weise sage, wie ich es gar nicht will und spüre wie ich mich stattdessen verhalten sollte, doch gleichzeitig merke dass ich es gerade aber nicht anders kann, weil ich so emotional bin, hasse ich mich dafür. Später als sich die Emotionen etwas beruhigt haben, habe ich mich gefragt, warum genau das so ein wunder Punkt bei mir ist. Was ist das eigentliche Problem? Denn meine Kinder sind es nicht, das weiß ich.
Ich erwische mich bei dem Gedanken, dass meine Kinder ruhig dankbarer sein könnten, dafür, dass ich alles tue um ihren Bedürfnissen gerecht zu werden, dass ich meine Bedürfnisse hinten anstelle. Sie dürfen so viel, ich nehme so viel Rücksicht für ihre Situation, hinterfrage alles, versuche ihnen so viel Freiheiten wie möglich zu geben und trotzdem ist dann wegen einer konsequenten Handlung meinerseits ein Wut- und Aggressionsanfall meines Großen die Folge. Ich fühle mich nicht gesehen mit dem was ich für sie mache, nicht anerkannt. Ich werde wütend, bin nicht in der Lage die brenzlige Situation mit Verständnis und Liebe zu begegnen und zu entwaffnen. Und warum kann ich das nicht?
Weil die die sich da nicht anerkannt und gesehen fühlt, nicht die erwachsene wohl überlegt handelnde Carina ist sondern die kleine emotional verletzte Carina, die in ihrer Kindheit auch so oft nicht gesehen wurde mit dem was sie gemacht hat. Die Carina, die auch so oft ihre Bedürfnisse hinten angestellt hat, um es ihrer Familie Recht zu machen, um Niemanden zu verletzen und um zwischen ihren Eltern zu vermitteln. Die Carina die auch damals schon so oft das Gefühl hatte, machen zu können was sie will, sie kann es der Familie eh nicht Recht machen. Die Carina die sich nach bedingungsloser Liebe, Verständnis, Anerkennung gesehnt hat und stattdessen so oft das Gefühl hatte, nicht zu genügen als Tochter. Die Carina, die sich dafür hasst und so viel Wut in sich trägt und die sich jetzt dafür hasst, dass sie so mit ihren Kindern umgeht und so wütend ist.
Genauso wie meine Eltern das nie so wahrgenommen haben, nehme ich nicht wahr wie oft meine Kinder trotz der vielen Freiheiten oft zurückstecken und aus Liebe zu mir Dinge machen, die sie eigentlich nicht wollen. Sie fühlen sich wahrscheinlich in bestimmten Situationen von mir genauso wenig gesehen wie ich damals von meinen Eltern. Und ich verhalte mich ihnen gegenüber und fühle wie meine Mutter damals. Aufgrund meiner eigenen Verletztheit und der fehlenden bedingungslosen Liebe und dem daraus resultierenden mangelnden Urvertrauen reagiere ich selber auch nicht liebevoll genug meinen Kindern gegenüber. Was dann ihrerseits auch wieder zu einer entsprechenden Reaktion führt.
Ich habe mir bewusst gemacht, dass meine Kinder nichts dafür können, dass ich meine Bedürfnisse hinten anstelle, dadurch unzufrieden bin und zu kurz komme. Genau das ist es was mich selbst oft verletzt hat von meiner Mutter zu hören, dass sie wegen mir dieses oder jenes gemacht oder nicht gemacht hat. Ich allein bin dafür verantwortlich meine Bedürfnisse zu befriedigen und auf mich zu achten, nicht meine Kinder.
Es ist meine Entscheidung was ich gebe. Und wenn ich es gebe, sollte es bedingungslos sein ohne eine Gegenleistung zu erwarten. Und auch wenn meine Kinder nicht oft danke zu mir sagen, bekomme ich ihre Dankbarkeit doch ab und zu zu spüren. Wenn ich aus Liebe etwas gebe, dann sollte das Geben an sich und die Freude die beim Anderen entsteht Lohn genug für mich sein. Wenn ich aber einen Kompromiss eingegangen bin, der mich unzufrieden macht, dann entsteht eine Erwartungshaltung. Ich erwarte, dass wenn ich schon zurückstecke und es mir nicht gut dabei geht, dass der andere doch aber wenigstens dankbar zu sein hat. Ich bin dann bedürftig. Doch aus einer bedürftigen Haltung heraus kann ich nicht bedingungslos geben. Meine Kinder haben mich nicht drum gebeten, all das zu tun was ich tue. Es ist meine Entscheidung und ich habe nicht das Recht, es ihnen im Nachhinein vorzuwerfen bzw. von ihnen dafür etwas zu verlangen. Wenn sie es freiwillig geben, freue ich mich darüber, aber ich möchte nicht abhängig davon sein. Und vor allem haben sie trotzdem das Recht, selbst auch ihre Bedürfnisse durchsetzen zu wollen und wütend darüber zu sein, wenn ihnen das verwehrt wird.
Das ich dann darauf nicht gelassen sondern emotional reagiere, liegt an dem alten Schmerz der dann hochkommt, meiner Schattenseite, die ich lange nicht gesehen habe. Die eigene Schattenseite ist nicht nur etwas was man nicht gerne sehen möchte, sondern etwas was man meistens auch nicht gut sehen kann. Ich habe neulich gehört, dass es ja immer so ist, dass der eigene Schatten nie auf einen selbst fällt, sondern immer auf den Gegenüber. Stimmt, und deshalb sieht man seine eigenen Schattenseiten auch immer zuerst beim Anderen als bei sich selbst. Und diese Schattenseiten bringen nicht nur die eigenen Kinder in einem zum Vorschein, sondern alle Menschen mit denen man in Beziehung steht.
Bei all den Ängsten, Zweifeln und alten Schmerzen gibt es aber trotzdem immer mehr Tage wo die Zuversicht und das Vertrauen überwiegt. Tage in denen ich einfach nur dankbar bin, dass ich all die Erfahrungen machen durfte und darf, dass ich mir all das bewusst machen und dran wachsen und draus lernen darf. Tage wo ich sehe, dass ich auf dem richtigen Weg bin und kleine Früchte ernte.
Ich bin dankbar, dass die Informationen bei mir zu Erfahrungen geführt haben und noch führen werden, dass ich Lernen darf. Lernen, dass sich das Leben nicht immer gut anfühlt, aber dass es auch nicht immer gut sein muss, damit es schön sein kann. Denn es ist schön, weil ich Grund habe, dankbar zu sein, sowohl für die schönen als auch für die nicht so schönen Erfahrungen.
Was bleibt, ist der Wunsch die Bedürfnisse meiner Kinder mit den meinigen zu vereinen, weiterhin der Stimme meines Herzens zu folgen, mein inneres Kind zu heilen, mich selbst bedingungslos anzunehmen wie ich bin, meine Selbstliebe zu pflegen und einfach nur grundlos glücklich zu sein. Dann werde ich die Liebe und Freude, die in mir ist, auch anderen schenken können, hoffentlich ohne Erwartungen und Bedingungen. Dann möchte ich die Mutter sein, die ihren Kindern die bedingungslose Liebe geben kann, die ihr selbst gefehlt hat. Und die Frau, die den Mann an ihrer Seite nicht zum Glücklichsein braucht, ihn aber gern dabei haben möchte.
In diesem Sinne, folgt auch ihr eurem Herzen und seid dankbar für alle Erfahrungen.
Eure Carina
P.S. Den Artikel könnt ihr euch jetzt auch auf youtube anhören, von mir gesprochen.